Ein Alptraum ohne Erwachen
Thomas Bischoff bringt den großen Roman Fjodor Dostojewskis am Deutschen Theater Göttingen auf die Bühne. Das Premierenpublikum tauchte am Samstag ein in einen Strudel von Wahn und Albtraum, getrieben von einem ausdrucksstarken Ensemble.
Gespart wird nicht mit Drastik, Schmerzen, Leid und Hass. Reue bleibt Bischoffs Raskolnikow bis zum Ende fremd. Vor dem Hintergrund der Schulamokläufer der jüngsten Zeit wirkt er aktueller denn je. Die Moralität von Schuld und Sühne tut hier nichts zur Sache, es geht um ein Verbrechen und die Strafe dafür.
Das Ineinandergreifen von Spiel, Musik und Bühne verstärkt die Sogwirkung des Gebotenen. Isabelle Krötschs Ausstattung setzt auf mobile, halbtransparente Schiebewände und skizzenhafte Einrichtung. Die Bühne gleicht einem Karussell der Bizarrerien, das sich in schnellem Wechsel dreht. Die Melodie dazu liefert FM Einheit, ehemaliger Schlagwerker der Experimentalband Einstürzende Neubauten. Metallisches Klopfen und düster zitternde Bässe orchestrieren die Grundstimmung des Stücks.
Das Premierenpublikum braucht einige Zeit, um sich aus der Schockstarre nach fast vier Stunden Spielzeit zu lösen. Der grenzgängerische Parforceritt des Ensembles wird mit anhaltendem Applaus (Ovationen für Alois Reinhardt) honoriert.